Frank Benno Junghanns,
1. Vorsitzender des Kunstfaktor e.V.



MACHT BRAUCHT STEINE*
* Richard Sennett

Kunst zwischen Schloß und Dorf – Schloss Neuenstein und Saasen

Über den theoretischen Ansatz der Landfraktale

Das Dorf steht in der Beachtung meist im Schatten des Schlosses. Historiker und Archäologen wenden sich erst in jüngster Zeit verstärkt der Erforschung dörflicher Geschichte zu. Im Gegensatz zu den Machtzentren Stadt und Schloß, in deren politische und dynastische (zumeist kriegerische) Geschichte schriftlich überliefert ist, erschließt sich die Geschichte der Dörfer in erster Linie aus der Entwicklung von Agrar- und Haustechnik.

Diese Entwicklung wurde immer wieder von kriegerischen Wirrungen unterbrochen, bei denen die dörflichen Kapazitäten bis hin zur Vernichtung der Existenzgrundlagen (Saatgut etc.) ausgebeutet wurden. Während in Städten und Schlössern Architektur und Handwerk zur Repräsentation von Macht und Wohlstand entwickelt wurde, waren Dörfer unter hohem, existenziellem Druck gezwungen, einen möglichst effektiven und kostengünstigen Architektur- und Lebensstil zu finden. Hierbei spielt eine genaue Kenntnis der Bodenbeschaffenheit und des Klimas, sowie die Erschließung von Rohstoffquellen in unmittelbarer Umgebung eine wichtige Rolle.

Zusammenfassend kann man sagen: Städte und Schlösser erreichten mit maximalem Aufwand eine maximale Repräsentation – Dörfer mit minimalem Aufwand einen maximalen Ertrag. Diese konfliktreiche Geschichte bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten der künstlerischen Betrachtung und Bearbeitung. Gerade Künstler sind in der Lage, in ihr verborgene oder auch neue Aspekte aufzufinden, zu analysieren und zu interpretieren. Da die Ausstellung auf Plätzen und Wegen stattfinden soll, bietet sich als Medium die ortsbezogene, temporäre Installation an.

Ohne den Arbeiten der einzelnen Künstler vorgreifen zu wollen, erhoffen wir uns eine Archäologie und Wiederbelebung sozio-kulturellen Wissens. Auf dem scheinbar vorgezeichneten Weg in die urbane Gesellschaft kann solches Wissen ein Garant für den Erhalt von Lebensqualität sein. Eine sozio-kulturelle Ressource – ähnlich den Naturressourcen unserer Erde

Jörg Hasheider,
2. Vorsitzender des Kunstfaktor e.V.