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Schloss Neuenstein
Über dem Ortsteil Saasen der Großgemeinde Neuenstein erhebt sich auf einem steilen Kalksteinfelsen ca. 350 m. ü. NN. die Burg Neuenstein. Die 1267 erstmals urkundlich erwähnte Burg wurde um die Mitte des 13. Jahrhunderts durch den Grafen Albert 1. von Wallenstein als Neuwallenstein erbaut. Die Burgen Wallenstein im Schwalm-Ederkreis und Neuenstein im Kreis Hersfeld-Rotenburg schntzten die Ubergänge der Straße von Homberg / Efze nach Hersfeld vom Tal der Efze in das des Fuldazuflusses Geis. Von der Burgarlage des 13. Jahrhunderts Farbe haben sich nur geringe Reste erhalten, eine Rekonstruktion des Aussehens dieser Anlage ist derzeit nicht möglich, da diese bereits 1318 durch hessische, ziegenhainische und hersfeldische Truppen als Raubnest belagert und zerstört wurde. Die Burg blieb bis 1357 in Trümmem liegen und wurde ab 1357 durch Simon von Wallenstein wieder erbaut und durch den hessischen Landgrafen Otto d. Schütz (1366) erobert.
Der Grundriß der Kernburg bildet ein regelmäßiges Viereck, das von dem 28 m hohen Turm, dem sog. Bergfried beherrscht wird. Bei einem Gesamtdurchmesser von ca. 7 m schwankt die Mauerstärke des Rundturmes zwischen zwei und drei Metern. In seinem Kern gehört der Turm noch dem 13. Jahrhundert an, dürfte aber seine heutige Gestalt mit Ausnahme der charakteristischen Dachhaube erst beim Wiederaufbau der Burg 1357 erhalten haben. Ob der Bergfried ursprünglich frei stand, muß derzeit noch offen bleiben, da auch die Bausubstanz des 14. Jahrhunderts nur in sehr stark veränderter Form überkommen ist und bauarchäologische Untersuchungen fehlen. Eine zukünftig anstehende Sanierung der Burganlage wird hierzu neue Ergebnisse bringen.
Das nach Norden anschließende Hauptgebäude, ein dreigeschossiger Wohnbau, der teilweise massiv, zum Teil in verschindeltem Fachwerk errichtet wurde, kann in seinem Kern noch als mittelalterlich angesprochen werden, wurde aber in späterer Zeit baulich stark verändert. Lediglich das Kellergewölbe unter der rechten Gebäudehälfte überstand die Jahrhunderte fast unverändert. Es handelt sich um ein Tonnengewölbe über fast quadratischem Grundriß, das mit Sicherheit der Burg des 13. Jahrhunderts zuzuordnen ist und damit zum ältesten Baubestand der Burg gehört. Über dem Haupteingang zum Wohngebäude (Palas) befindet sich auf dem Türsturz die Jahreszahl 1639. Nach den Einzelformen des Gebäudes, z. B. Fenster oder Türgewänden zu urteilen, erhielt der Bau von 1639 an das Aussehen, welches er im wesentlichen bis heute beibehalten hat. Die Umbau- und vielleicht auch Erweiterungsarbeiten dürften im Jahr 1643 beendet worden sein. Davon zeugt die Jahreszahl auf dem steinernen Erker an der Giebelwand sowie an einem der beiden Aborterker an der Nordwand. Zwischen 1639 und 1643 dürfte auch der Bergfried seine charakteristische, helmförmige Haube erhalten haben. Gegenüber dem Hauptgebäude befanden sich im Burghof weitere Wohn- und Zweckbauten. Neben den Schweineställen stand in der Südecke die sog. Fabersburg, benannt nach einem Verwalter der v. Wallensteinischen Besitzungen und möglicherweise aus dem Jahr 1649 stammend. Diese Jahreszahl soll sich nach älteren Überlieferungen auf einem der Türstürze befunden haben. Sowohl die Fabersburg als auch die Schweineställe wurden bereits 1838 abgebrochen. Nur das Backhaus, direkt neben dem Bergfried, blieb erhalten. Sein Mauerwerk und dessen Steinbearbeitung weist ebenfalls in das 17. Jahrhundert. Hieraus ergibt sich, daß die mittelalterliche Burganlage in den Jahren zwischen 1639 und 1649 offenbar tiefgreifend umgestaltet bzw. erneuert wurde.
Umgeben wird die Kernburg von zwei Ringmauern. An der Ostseite der inneren Mauer, deren Bestand noch in das 15. Jahrhundert zurückgeht, haben sich an der südöstlichen und nordöstlichen Ecke runde Flankentürme erhalten, allerdings nicht in ihrer ursprünglichen Höhe. Die äußere Ringmauer direkt am Abhang des Burgfelsens umschloß die Gebäude, die außerhalb der eigentlichen Kernburg lagen. Von diesen haben sich zwei Fachwerkbauten aus der Mitte des 18. Jahrhumderts erhalten, von denen der größere als Wirtschaftsgebäude, der kleinere als Wohnhaus diente.
Wie schon oben erwähnt, wurde die Burg durch Graf Albert I. von Wallenstein erbaut und 1318 zerstört. Nach 1357 wurde sie durch Simon von Wallemstein wieder aufgebaut. Dessen gleichnamiger Enkel (1368-1434), der Ehemann von Barbara von Huttem gehörte zu den berühmtesten des Geschlechtes. Er war Freischöffe des Femegerichtes umd machte sich einen Namen als unnachgiebiger Richter. Im September 1402 erschien er vor König Ruprecht, der in Hersfeld weilte, mit 18 grauen Hengsten und weißgekleideten Dienern. Diese Demonstration der Macht hatte eine Einladung an des Königs Tafel zur Folge. 1416 lag Simon mit Hersfeld in Fehde, das ihm einen Knecht getötet hatte. Dabei standen ihm 159 Grafen und Ritter als Verbündete zur Seite. Der hessische Landgraf Ludwig I. (1458 ) schlichtete den Streit. Allerdings nicht ganz uneigennützig, da Simon ihn dafür als Lehnsherren über Neuenstein anerkennen mußte. Die Lehns- und Besitzverhältnisse der Burg Neuenstein waren wechselvoll. Neben den Wallensteinern besaßen die v. Schlitz und v. Herzberg, v. Lißberg und die Familien Hund und v. Schachten Anteile an der Burg. Mit dem Tod des letzten Wallmsteiners, des Geheimen Regierungsrates August Gottfried Freiherr von Wallenstein fiel das Schloß 1745 endgültig an Hessen. Seine Schwester, Maria Amalie von Görtz, verwandte das Familienvermögen im Jahr 1759 zur Gründung eines adeligen Fräuleinstiftes im nahege-legenen Homberg/Efze, das 1832 nach Fulda verlegt wurde und noch heute existiert. Von 1760 bis 1870 war die Burg Sitz des Domänenrentmeisters umd von 1870 bis 1945 preußisches Forstamt. Von 1948 war es bis zu dessen Auflösung 1996 Dienstsitz des hessischen Forstamtes Neuenstein. 1999 wurde es von der Großgemeinde Neuenstein erworben.
Dieter Handtke