Ma-Lou Bangerter
geboren 1958 in Bern
Klassische Violinausbildung in der Schweiz / seit 1983 in Berlin / Ausbildung in Atem, Stimme und Bewegung
Auftritte mit Musikern der europäischen und amerikanischen free music scene in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich, England, Ungarn
Konzerte / Klanginstallationen / Performances / Projekte mit den Medien Musik, Theater, Tanz, Film, Malerei
Rundfunkaufnahmen bei SFB / BBC / WDR
Leiterin der Gruppen Die Sachbearbeiter und Heitere Fahne.
1983
Living Theatre Festival Nantes F
International Fiddle Festival, London GB
1986
Höfische Phonetik (Performance), Berlin
1987
strong strings (Streichquartett), Berlin
1988
Entgrenzungen (Performance), Köln
Musik-Malerei (Performance), E 88: Berlin Kulturstadt Europas
1989
relative violin (Festival Inventionen), Berlin
Elektroakustische Nacht (Performance), Berlin
1990
rondo potento (Frauen setzen Zeichen), Berlin
1991
rondo del mondo (Zeiss-Großplanetarium), Berlin
1992
6 + 1 = wurzel (Performance), Berlin
Senatsstipendium für Mitropera Europium (ein Hör- & Sehspiel zur europäischen Wetterlage für 12 europäische MusikerInnen, SängerInnen, SprecherInnen), Uraufführung Berlin
documenta IX Kassel
1993
Jaguarträume (Hörspiel), Sender Freies Berlin
Tonriss 1 (ein John Cage-Projekt), Kunstfabrik Potsdam
1994
In den Kamin geschrieben (Performance), Berlin
1995
Begegnungen Berlin-Brandenburg, Verborgenes Museum Berlin
Alpsegen (Alphorn-Performance) Kunsthaus Glarus CH
1996
Simultan, Audioguide zur Ausstellung Aus 14 Räumen 70 Jahre GEDOK, Künstlerhaus Bethanien, Berlin
Performance für Jalousie II 96 (Lichtinstallation von Alice Bahra), Bahnhof Westend Berlin
1997
Performance für Jalousie III 97 (Lichtinstallation von Alice Bahra), Frauenmuseum Bonn/Cottbus/Erfurt
1998
Musik für Zwischenwelten (Tanzstück),
8. Cottbusser Tanztage
1999
Musik für quer ist längs und grau (Tanzstück), 9. Cottbusser Tanztage
[...] Die Musik der Schweizerin steht, wie Bernt Noglik es einmal im Jazzpodium formulierte, unzweifelhaft in der (neo)klassischen Tradition der (zweiten) Wiener Schule wie in der einer von England herübergewehten freien Improvisationsmusik. Und zu jener kammermusikalischen Komponente ihres Schaffens lassen sich noch zwei ebenso wichtige Einflüsse hinzuzählen: die Adaptation multimedialer Performance-Konzepte zum einen und volksmusikalischer Traditionen, insbesondere diejenigen des schweizer Alpenraumes zum anderen.
Ein Blick auf die Vita von Ma-Lou Bangerter läßt sofort jene Vielgestaltigkeit ihres künstlerischen Profils erkennen. Stets um eine Vermittlung unterschiedlicher Medien und verschiedener Instrumentaltraditionen bemüht, erstreckt sich die Bandbreite ihres Schaffens durchweg zwischen den Polen E und U, solistisch und kollektiv, urban und ländlich oder auch komponiert und improvisiert. Für die reflexive und abstrahierende Verwendung alpenländischer Volksmusik steht wie eine Ikone das Alphorn, für die kammermusikalischen Wanderungen im Dickicht frei improvisierender Musik der europäischen Metropolen ein Geigenspiel, das stark an der Tradition einer eher poetischen, lyrischen Free-Jazz-Violine orientiert ist, wie sie beispielsweise Leroy Jenkins vertritt.
Ganz gleich ob Alphorn oder Violine, ist es doch stets das minutiöse Erzählen von Geschichten, das hingebungsvolle Erkunden von Klanglandschaften, welches das künstlerische Schaffen von Ma-Lou Bangerter charakterisiert. Wohltuend läßt es dagegen das allzu vordergründige, plakative Free-Jazz-Idiom oder gar modische Anbiederungen an eine pseudo-authentische Weltmusik vermissen. Ebenso distanziert sich der musikalische Ansatz der Schweizerin bewußt vom Gestus eines postmodernen anything goes. Ganz dezidiert werden einzelne Elemente ausgewählt, einzelne musikalische Parameter hervorgehoben, die in der Folge immer neue Verbindungen eingehen, ohne als solche entstellt zu werden. Vielleicht ließe sich die Kunst Ma-Lou Bangerters am besten als beständige Suche nach einer nicht nur musikalischen Heimat charakterisieren, vollzogen im Medium einer durch und durch zeitgenössischen Musik, so wie es uns Bela Bartok oder Zoltan Kodaly nachhaltig vorgeführt haben.
Volker Linz